Datenanalysen übersichtlich webbasiert visualisiert

Seit über 160 Jahren produziert das Familienunternehmen Schaefer Kalk in der fünften Generation unter anderem gebrannte und ungebrannte Kalkprodukte sowie Calciumcarbonate, welche in Qualitäten bis zum Food- oder Pharmaeinsatz hergestellt werden. Seit Anfang 2017 haben sich die Verantwortlichen im Unternehmen verstärkt mit dem Thema Digitalisierung auseinandergesetzt. Sie entschieden sich, die Produktion durch eine zentrale Datenhaltung und Kennzahlenermittlung zu optimieren sowie die Handhabung durch die Verwendung individueller Dashboards zu vereinfachen. Dazu war es erforderlich, die Betriebs- und Energiedaten aus mehreren Werken zu vereinen, sie in  ein LIMS-System einzubinden und die Daten an das ERP-System weiterzugeben.

Kernthema bei der Digitalisierung war für Schaefer Kalk die Zentralisierung der Daten im Hauptwerk Hahnstätten. In der Evaluierungsphase wurde die vorhandene Peripherie der Automatisierungsgeräte erfasst, inklusive der eingesetzten HMI-Scada-Produkte. Alle Werke wurden auf die einzulesenden Daten abgeglichen, um auf normierte Kennzahlen zu gelangen.

Gleiche Datenbasis über mehrere Werke als Ziel

Gernot Hofmann, Leiter der Abteilung Automatisierungstechnik und Elektrokonstruktion der Schaefer-Kalk-Gruppe, betreut die umfangreichen Applikationen von Beginn an. Seine Zielsetzung war es, einen kompletten Überblick der europäischen Werke in Hahnstätten, Steeden, Onsite Kehl, Onsite Olsany (CZE), Onsite Wattens (A), Onsite Kuusankoski (Fin) zu bekommen. Von den vorher proprietären Lösungen der einzelnen Werke sollte auf eine gleiche Datenbasis mit einem Standard gesetzt werden. Hier war es enorm wichtig, die Berichte zu normieren und über alle Werke mit einem Standard zu arbeiten. Zur Historisierung der Daten sowie für das Berichtswesen entschied sich G. Hoffmann mit seinem Team für das Betriebsdatenerfassungssystem Acron von Videc sowie zur Analyse und Darstellung der Daten über alle Werke für das Web-Portal June 5 aus dem gleichen Haus. Das umfangreiche Funktionsangebot von Acron ermöglicht es, Anlagen sowie betriebliche Abläufe präzise, sicher und passgenau zu analysieren sowie zu optimieren. Darüber hinaus lassen sich mit dem Betriebsdatenerfassungssystem alle Auswertungen und Berichte erstellen. Zu den weiteren Vorteilen zählen die Client/ Server-Architektur, eine hohe Daten- und Laufsicherheit sowie die Skalierbarkeit.

Mit verschiedenen Schnittstellen, Modulen und stetig ausgebautem Funktionsangebot – von mobiler Handwerterfassung über automatisierte Datenkonvertierung zu umfassenden Web Reports – ermöglicht das Eco-System June5 seinen Anwendern den Zugang zu allen Informationen, Alarmen und Daten ihrer Anlagen in Echtzeit. Über die komfortable Benutzeroberfläche können sie auch auf ihrem Smartphone oder Tablet mit einfacher Gestensteuerung die gewünschten Daten abrufen und auswerten. In wenigen Sekunden lassen sich damit Berichte zur weiteren Auswertung und Analyse erstellen – ganz nach den jeweiligen Anforderungen.

Bei der Planung und Umsetzung der Applikation vertraute Schaefer Kalk auf einen Dienstleister in der lokalen Nähe: Focus Industrieautomation. Die Firma ist langjähriger
Systemspezialist für die Produkte Acron und June5, sodass die Zusammenarbeit auf fruchtbaren Nährboden fiel, was sich auch in der Konzeption der kontinuierlichen Pflege niederschlägt. Beide Unternehmen vereinbarten pro Monat zwei „Jour fix“, an dem die Änderungen und Verbesserungen der Anlagen besprochen und eingepflegt werden. Seit dem Projektstart vor fünf Jahren wächst die Applikation kontinuierlich.

Durchgängige Datentransparenz

Die Rahmenparameter ergaben, dass Daten aus über 20 verschiedenen Quellen auszulesen waren. Insgesamt werden über 5 000 Automatisierungswerte in die Applikation eingelesen, berechnet, verdichtet und in über 200 unterschiedlichen Berichten dargestellt. Die Daten werden mit Acron historisiert und stehen dem Unternehmen für Langzeitanalysen und Qualitätsnachweise für die vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen zur Verfügung. Zudem enthält das HMI-Scada ein Überwachungsmodul mit Alarmfunktion.

Heute laufen alle relevanten Werte zentral im Hauptwerk Hahnstätten auf. Da Schaefer Kalk im täglichen Betrieb fast ausschließlich mit Dashboards arbeitet, mussten für die Anwendung alle Betriebsdaten erfasst und auf einfache Weise zur Verfügung gestellt werden. Die einzelnen Werke sind in den Produktionsbereichen so weit herunter gebrochen, dass man mit eindeutigen Kennzahlen die Produktionsschritte vergleichbar machen kann und auch seitens der Energieverbräuche eine komplette Datentransparenz in den Produktionsbereichen hat.

Normierte Anlagen-ID

Das komplette System ist nach Anlagen-ID aufgebaut, welche ebenfalls in die Leittechnik übertragen werden. Organisatorisch ist die Referenzierung für alle Mitarbeiter wichtig, damit sie die entsprechenden Themen einfach und schnell finden können. Durch die Normierung und die Kennzahlenermittlung lassen sich verbesserte Verfahren und Produktionsschritte sehr schnell auf alle Produktionsstandorte legen.

Schaefer Kalk überwacht mit Acron und June5 die drei Fachbereiche Kalk, PCC (Pre Carbonisiertes Calciumcarbonat) und Energie. Das Anlegen und Integrieren eines neuen Geräts oder einer Maschine sowie der zugehörigen Datenpunkte zur Systemparametrierung setzt die hauseigene Automatisierungsabteilung um. Vor dem Einbau stimmen sich die verschiedenen Abteilungen über die Komponenten ab. Auch bei Problemen in der Anlage suchen die Bereiche Verfahrenstechnik und Automatisierungstechnik nach Optimierungsmöglichkeiten. Anschließend erstellen die leitenden Anwender aus den Bereichen die fachlichen Dashboards für den speziellen Anwendungsfall.

Energiedatenmanagement spart Geld

Im Gesamtsystem hat Focus Industrieautomation Daten aus unterschiedlichen Bereichen und Systemen zusammengeführt. Auch die Daten eines LIMS-Systems, zur Bestimmung der Qualitäten des Kalksteins über Probenahme, werden im Acron zu den einzelnen produzierten Batches hinzugefügt. Nach dem Verknüpfen mit anderen Daten berechnet das System die entsprechenden Kennzahlen. Einen Teil der Kennzahlen überträgt Acron in das darüberliegende ERP-System zur weiteren Verarbeitung und betriebswirtschaftlichen Betrachtung.

Dabei gewinnt das Energiedatenmanagement immer mehr an Bedeutung. Schaefer Kalk konnte unter anderem durch die Überwachung der Druckluft oder bei den Zählerkontrollen große Einsparungen erzielen. Weiterhin wurden über Kennzahlen schnell „versteckte“ Mängel an Anlagen entdeckt, zum Beispiel, dass Anlagenfilter Falschluft ziehen. Über die Plausibilität der Zähler und Verbräuche waren die Experten in der Lage, schnell defekte Geräte zu finden und Fehler in der Anlage neu zu bewerten. So konnte dem Versorger durch diese Kontrollmöglichkeiten ein falscher bzw. fehlerhafter Hauptzähler nachgewiesen werden.

Aus etz, Ausgabe 10/2022, VDE Verlag, S. 34-36